Der am Mittwoch, dem 15. November, präsentiere Vortrag befasste sich intensiv mit der Stiftung Œuvre Notre-Dame und dem Straßburger Münsterverein. Tobias Möllmer stellte dabei den bei den Freunden des Münsters allseits bekannten Architekten Johann Knauth vor. Wir werden drei Hauptthemen vorstellen.
Zunächst die Person Knauth. Dem aus Köln stammenden Rheinländer gelang die Integration ins Elsass spielend. So heiratete er z. B. eine Straßburgerin. Auch seine architektonischen Entwürfe spiegeln den gleichen Wunsch nach Integration wieder. Zahlreiche elsässische Kirchen dienten ihm dabei als Inspirationsquelle. Dies belegen seine erhaltenen Zeichnungen, Skizzen und Pläne. Doch die Beziehungen zu seinen Konkurrenten waren teilweise auch schwierig. Sie behandelten ihn als architektonischen Dilettanten und bezeichneten einige seiner Projekte als verfehlt und misslungen. So zögerte ein Mitbewerber nicht, falsche Darstellungen der Entwürfe Knauths vorzulegen, um ihn zu diskreditieren.
Der ehrgeizige Autodidakt. Als Zeichner, Konservator und Architekt zugleich hat Knauth die Karriereleiter durch eigene Willenskraft erklommen. Da ihm der akademische Hintergrund fehlte, wurde er von Akademikern schlecht angesehen. So nahm er an mehreren Architekturwettbewerben teil, ohne jedoch ausgewählt zu werden. Der Bedeutung von Titeln bewusst, bezeichnete er sich 1891ohne Diplom als Architekt, eine Usurpation eines Titels, der heute nicht mehr möglich würde, in der Zeit aber gängig war. 1902 wurde er temporärer Architekt des Münsters, ab 1905 offizieller Münsterarchitekt und 1907 Chefkonservator der Denkmäler von Elsass-Lothringen. Eine große Karriere also.
Der Architekturliebhaber. Sein ganzes Leben lang beschäftigte sich Knauth leidenschaftlich mit dem Bauen und dem Denkmalschutz, ein Punkt, der von Tobias Möllmer zu Recht herausgestellt wurde. Er entwarf Pläne für das Krematorium in Mainz, für das Rathaus in Göttingen und für die evangelische Kirche in Poppelsdorf. Wer weiß heute, dass er 1903 an einem großen Projekt für ein städtisches Museum in Straßburg arbeitete? Er dachte darüber nach, das Rohan-Schoss mit dem Haus des Liebfrauenwerks durch einen gedeckten Gang zu verbinden. Seine erhaltenen Aquarelle zeigen, dass er u. a. an einen gewölbten Saal mit schöner Farbfassung und sogar an ein römisches Peristyl dachte. 1904 errichtete er an der Nordseite des Münsters den nach ihm benannten Windfang (vestibule Knauth): Ausgestattet mit zwei bemerkenswerten Türen, wunderschönen Schlusssteinen und Bodenfliesen im mittelalterlichen Stil ist es ein kleines Meisterwerk, das leider nur selten zugänglich ist. Hauptthema des Vortrages war aber die ab 1909 nach Knauths Plänen errichtete neoromanische Kirche in Avolsheim. Diese fügt sich harmonisch in die Umgebung ein, auch wenn dafür Abrisse nötig waren. Die Pfarrkirche besitzt ein einschiffiges Kirchenschiff, das in einen tonnengewölbten Chor mündet.
Ein gelungener Vortrag, dem reichlich Applaus galt und dem eine belebte Diskussion mit dem interessierten Publikum folgte. Ein wunderbarer Abend für Interessierte und Fachleute gleichermaßen.
Francis Klakocer
Übersetzung: Sabine Bengel
Ill. : Mossot