Die Veranstaltung vom 21. März im Münsterhof bestand aus den Tätigkeitsberichten der drei Organismen, die das Straßburger Münster betreuen: die staatliche Denkmalpflege (DRAC), die zugleich den Besitzer des Münsters, den französischen Staat repräsentiert, vertreten durch den Denkmalpfleger Louis-Napoléon Panel, den für das Münster zuständigen Chefarchitekten der französischen Denkmalpflege Pierre-Yves Caillault, die Fabrique de la Cathédrale, als Repräsentantin des Nutzers der Kathedrale, der katholischen Kirche, die durch Marie-Pierre Siffert, der Beauftragten für kulturelle Angelegenheiten vertreten wurde sowie durch die Liebfrauenstiftung, der unter der Obhut der Stadt stehenden Münsterbauhütte, welche durch Eric Salmon, ihren technischen Leiter repräsentiert wurde.
Was die zuletzt durchgeführten Arbeiten angeht, handelte es sich hauptsächlich um die Galerie Goetz aus dem 18. Jh., entlang der Nordseite des Langhauses, deren Arkaden im 19. Jh. mit neugotischem Maßwerk geschlossen wurden, sowie um die Restaurierung der Südfassade des südlichen Querhauses, dessen Ost- und Westfassaden demnächst in Angriff genommen werden. Die aus dem frühen 13. Jh. stammende Südfassade (mit Elementen aus späteren Jahrhunderten), wurde rundum restauriert bzw. instandgesetzt, d.h. der Giebel samt flankierender Türmchen, die Maßwerk-Balustraden und die Sonnenuhr. Ergänzend wurden hier an allen Öffnungen von der Münsterbauhütte Gitternetze angebracht, um Verunreinigungen durch Tauben zu verhindern, und so nicht zuletzt den Arbeitsaufwand für den wöchentliche Bauunterhalt zu verringern.
Analog zum „Engelspfeiler“ konnten an den beiden Tympana wie an anderen Stellen aufsehenerregende Reste von Polychromie sichergestellt werden, bis zu sechs verschiedene Farbenschichten, wobei es sich z.T. um erstaunlich kostbare Materialien wie Blattgold und Azurit (Kupferblau) handelt. Ein zentrales Element der Restaurierung bildet die Statue des Hl. Arbogast, eine Neuschöpfung vom Beginn des 19. Jh. als Ersatz für das zerstörte Original, mitsamt ihrem spektakulären Baldachin, dessen Kopie 1200 Stunden Steinmetz- und 400 Std. Bildhauerarbeit erforderte. An den Wandabschnitten wurden nur Steine ersetzt, die nicht ausgebessert werden konnten. Meistens handelt es sich dabei um Sandsteine schlechter Qualität von Restaurierungen vom Anfang des 20. Jhs. Sowohl für die Galerie Goetz mit ihren in großen Teilen erneuerten Fialen, Kreuzblumen und Wasserspeiern, als auch für die Südfassade gilt, was alle Beteiligten betonten: die Verschiedenfarbigkeit der verwendeten Sandsteine entspricht dem Originalzustand. Andererseits zielte die ursprüngliche Bemalung, wo sie erhalten ist, darauf ab, eine künstliche Einheitlichkeit der Farbe eines Quaders sowie seiner Größe herzustellen, allerdings in verschiedenen Farbnuancen, sodass sich eine „mittlere“ rötliche Farbigkeit ergibt, die für das Straßburger Münster charakteristisch ist. Insgesamt und trotz der Zerstörungen der Französischen Revolution befindet sich die Fassade in einem sehr authentischen, zuvor wenig restaurierten Zustand, was auch an den beiden Rosetten zu erkennen ist, wo Teile der Metallhalterungen noch aus dem 13. Jh. stammen. Die Fenster wurden gereinigt und mit einer Doppelverglasung versehen, die sie gegen Umwelteinwirkungen schützen. Das umlaufende lateinische Schriftband ergibt wieder einen Sinn (es handelt sich um Verse aus dem Hortus Deliciarum), und die Gesamtheit der Bildwerke mit ihrem ikonografischen Programm (das Gerichtsthema im Alten und Neuen Testament) bildet ein bemerkenswertes Ensemble vom Beginn des 13. Jh. Es ist der besondere Ort am Münster, wo die französische Gotik in Straßburg ihren Einzug hielt.
Der Arbeitsbericht der Fabrique de la Cathédrale stellte die Maßnahmen vor, die wegen des weiterhin geltenden Ausnahmezustands ergriffen werden mussten: die Öffnungszeiten wurden eingeschränkt, das Personal aufgestockt, die Besucher, speziell die Gruppen, folgen zwingend einem eingeschränkten Besichtigungsrundgang, nach dem Prinzip Cathédrale du silence (Kathedrale der Stille). Es gibt auch einen neuen Film zur Erläuterung der astronomischen Uhr, ein neues System zur Aufhängung der Gobelins im Advent, und zwei Altargemälde sind bzw. werden restauriert.
Sabine Mohr
Ill. : Claude Truong-Ngoc / Wikimedia Commons, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=27892992