Dank ihrer Mitgliedschaft im Verein können die Freunde des Straßburger Münsters in Bereiche vordringen, die normalerweise nicht zugänglich sind. Dies ist der Fall bei den Werkstätten der Münsterbauhütte (Fondation de l’Œuvre Notre-Dame) in der Meinau, die sie unter der Leitung von Albert Martz, Bildhauer bei der Stiftung, eineinhalb Stunden lang besichtigen konnten.

Abseits der großen Straßenachsen gelegen, bietet der Ort zahlreiche interessante Aspekte.
Zunächst seine Geschichte. Die Werkstätten befanden sich ursprünglich in der Rue du Grand Couronné, zogen 1960 in die Meinau (Rue de la plaine des Bouchers). Im Jahr 2005 wurden die Werkstätten der Bildhauer und Steinmetze in die Innenstadt verlegt um näher an der Kathedrale zu sein. In der Meinau arbeiteten nur noch einige Handwerker, hauptsächlich Steinmetze und ein Schmied. Die Stiftung denkt derzeit darüber nach, sich durch den Ankauf neuer Räumlichkeiten zu vergrößern, auch da die Miete für die Lagerhallen der Gipsabgusssammlung und des Steindepots sehr teuer ist.
Das Werkstattgelände in der Meinau beherbergt das Steindepot des Münsters, in dem viele der sorgfältig beschrifteten Skulpturen lagern, die einst im Barrage Vauban aufbewahrt wurden. Dort lagerte auch, auf der oberen Ebene, die Gipsabgusssammlung, bevor sie ebenfalls in die Meinau kam. Da sie nun vor Feuchtigkeit geschützt ist, kann die Sammlung besser die Zeiten überdauern und weiterhin den Bildhauern und Steinmetzen der Bauhütte als wichtige Orientierung dienen. In den Gängen der Gipsabgusssammlung wimmelt es von Abgüssen von Teil- oder Ganzfiguren, manchmal sind mehrere Repliken mit Varianten vertreten, wie z.B. bei den beiden Statuen der Ekklesia. Bischöfe, Heilige, Engel, Wappen und Reiter bieten sich unseren verblüfften Augen dar, die nicht wissen, wohin sie schauen sollen. Und dann sind da noch die Monster und Wasserspeier, die grinsen, was das Zeug hält.

Die Schmiede ist in einer separaten Werkstatt in Betrieb. Der Schmied hat viel zu tun, denn die Werkzeuge der Steinmetze und Bildhauer nutzen sich schnell ab und müssen regelmäßig in einer Feuerstelle repariert werden, die er bis zu 1400 °C heiß werden lässt. Vor unseren interessierten Augen demonstrierte der Schmied sein Können, indem er das Eisen rötete, es hämmerte und härtete, bis es die gewünschte Form hatte und zu einem Werkzeug wurde, das für den Gebrauch geeignet erklärt wurde.
Im Freien schließlich werden in der Nähe der Schmiede riesige Sandsteinblöcke gelagert, die oftmals mehrere Tonnen wiegen und nur mit einem Kran bewegt werden können. Das Problem: Die Sandsteinbrüche werden aus verschiedenen Gründen nach und nach geschlossen und man muss vorausschauend handeln, indem man große Vorräte anlegt. Steinmetze und Bildhauer begeben sich oftmals gemeinsam in die Steinbrüche, um vor Ort die beste Qualität des Sandsteins zu ermitteln. Sie lassen die angekauften Blöcke dann zwei Jahre ruhen, bevor sie sie verwenden, um sicherzugehen, dass sie keine Fehler enthalten. Dann werden sie mit einer rotierenden Seilsäge, die mit Industriediamanten besetzt ist, in kleinere Stücke gesägt und anschließend weiterverarbeitet. Eine Zahrradsäge kann bei Bedarf dünnere Platten sägen.

Der eineinhalbstündige Besuch war eine reiche Entdeckung, die Augen- und Geistesfreuden miteinander verband. Wir werden wiederkommen….
Francis Klakocer
Übersetzung: Sabine Bengel
Ill. : Roland Moeglin