Das Münster in der Philatelie – die ersten Briefmarken (1886-1939)

Seit dem Krieg von 1870/71 ist Straßburg eine deutsche Stadt. Postleistungen sind auf die Beförderung und Zustellung der Post zwischen den Städten beschränkt, die Zustellung der Briefe aus der eigenen Stadt ist allerdings nicht vorgesehen. Hundertsechzig deutsche Städte, darunter Straßburg, nutzen dieses Manko, um private Posteinrichtungen aufzubauen. So entsteht am 1. November 1886 in Straßburg der „Privat-Post-Verkehr Strassburg“.

Die erste, am 4. November 1886 herausgegebene Briefmarke, stellt das Wappen der Stadt Straßburg dar. Doch wird diese Marke rasch aufgrund ihrer zu großen Ähnlichkeit mit den Briefmarken des Deutschen Reiches (Marke Nr. 32 Deutschland) verboten. Um jegliche Verwechslung zu vermeiden, folgt also am 1. Dezember eine zweite Marke, diesmal mit einer Darstellung des Straßburger Münsters. Zwischen 1886 und 1890 wurden insgesamt 86 verschiedene Briefmarken mit Abbildung des Münsters herausgegeben, die sich durch den Nennwert, die Größe oder die vielfältigen Farben unterscheiden, aber alle die Beschriftung „PRIVATPOST STRASSBURG“ in deren Rahmen enthalten (hier: Ausgabe vom 13. Januar 1887).

class=wp-image-1197
Postalische Ganzsache mit einer das Münster darstellenden gedruckten Marke (private Sammlung).

Zeit ihres Bestehens stand diese „Privatpost“ stets in Konkurrenz mit anderen lokalen Postinitiativen. Allerdings müssen letztere mangels Rentabilität immer ihren Dienst einstellen. Die deutsche Verwaltung kauft dem letzten Betreiber das Unternehmen für 49.302 Marks ab. Doch dann kehrt das Elsass zu Frankreich zurück, so dass diese Sonderregelung nach dem Abschluss des Versailler Vertrags vom 28. Juni 1919 aufgehoben wird.

Trotz der angespannten Lage und der internationalen Konflikten organisiert der Straßburger Münsterverein vom 23. bis 27. Juni 1939 die Feierlichkeiten, die das 500ste Jubiläum nach Vollendung der Spitze des Münsterturms begehen. Dies sei ein „äußerst markantes Datum, das unvergessen in allen Annalen Straßburgs und des Elsasses“ bleiben solle, schrieb der damalige Präsident des Vereins Pfarrer Walter im Straßburger Münsterblatt (Bulletin). Konzerte, Führungen in den Museen, Empfänge, kulturelle Ausflüge, Gottesdienste, Dinner im Freien bildeten die Rahmenveranstaltungen des Kongresses zur großen Freude der Teilnehmer. Die Post beteiligt sich an den Feierlichkeiten mit der Herausgabe eine Briefmarke, die an das 500ste Jubiläum der Vollendung der Turmspitze erinnert. Die nach einer Zeichnung von André Spitz und einem Stich von Gaston Gandon gefertigten Briefmarke erfreute sich einer großen Beliebtheit sowohl bei den Philatelisten als auch bei den Freunden und Liebhabern des Straßburger Münsters. Ein Jahr später, fast auf den Tag genau, wurde der Waffenstillstand unterzeichnet und Straßburg de facto vom Dritten Reich annektiert.

Edgard Nullans
Übersetzung: Stéphanie Winzerith

class=wp-image-1202
Offizielle Postkarte mit der Bildunterschrift zum 500sten Jubiläum der Vollendung der Turmspitze, mit einer Abbildung der „Jungfrau mit den ausgebreiteten Armen“, frankiert mit der Briefmarke, die am 23. Juni 1939 herausgegeben wurde. Die Postkarte wurde per Einschreiben am 24. Juni 1939 vom Straßburger Münsterplatz nach Blida (Algerien) abgeschickt. Die Sendung kam am 29. August 1939 dort an, wie der Stempel auf der Rückseite belegt (private Sammlung).
Nach oben scrollen