Die Stiftung Œuvre Notre-Dame und der Straßburger Münsterverein (Société des Amis de la cathédrale) organisierten am Mittwoch, den 15. Mai, den letzten Vortrag ihres Vortragszykluses 2023/2024. Darin ging es um ein aktuelles Thema: Die Restaurierung der Vierungskuppel des Straßburger Münsters – Archäologische Blicke auf ihre Konstruktion. Die Vortragenden waren zwei Spezialisten auf diesem Gebiet: die Bauforscherin Heike Hansen und der Professor für Kunstgeschichte Andreas Hartmann-Viernich, die (länger als sonst üblich) mit Leidenschaft die Ergebnisse ihrer aktuellen Forschungen darlegten.
Schon der Titel machte neugierig, da er den Blick auf die Vergangenheit mit dem Studium der Bausubstanz ankündigte. Dies bewiesen auch die zahlreich erschienenen Zuhörer, die durch die verbale Dynamik der beiden Referenten, die ihr Fachwissen und pädagogisches Geschick verbanden, belohnt wurden. Die zahlreichen, oftmals unveröffentlichten Bilder wurden meisterhaft kommentiert und vermittelten den fachkundigen Charakter vieler ihrer Aussagen. Zum Studium der Kuppel wurden Handzeichnungen, Scans, Streiflicht-Aufnahmen und Photogrammetrien verwendet. Dadurch wurden unzählige Details über den Bauprozess, die Arbeitsteilung und die Zuständigkeiten entdeckt.
Die von circa 1180 bis 1190 errichtete Kuppel hat acht Seiten, einen Durchmesser von fast 15 Metern an ihrer Basis und eine Höhe von 31 bis 40 Metern über dem heutigen Boden der Vierung. Damit ist sie eine der größten aller gotischen Kathedralen. Die Dicke des Gewölbes misst 60cm, während sie in der Pariser Kathedrale nur 25 cm beträgt. Der große runde Schlussstein, der von unten recht klein aussieht, misst in Wirklichkeit 2 Meter. Perfekt kreisförmig ist er ein Meisterwerk der Präzision mit einer Ringbreite von 38 cm. Das Gewölbe ist aus großen Ziegelsteinen aufgemauert, zwischen acht Rippen aus mehrfarbigen Sandsteinquadern. Eine Besonderheit für die damalige Zeit ist, dass die Steine mit Eisenklammern verbunden wurden. Die Bauforscher sind auch auf Spuren von Farbfassungen gestoßen, in erster Linie Rot und Beige, mit einem Dekor aus falschen weißen Fugen.
Im Verweis auf die zahlreichen mittelalterliche Darstellungen des Baus am Turm zu Babel machten die Redner auch auf den menschlichen Aspekt der Kuppelkonstruktion aufmerksam. Genauer gesagt auf die Konzeption und Fragilität der mittelalterlichen Gerüste und Rüstungen, bei denen es sicherlich auch zu Unfällen und Stürzen mit tödlichem Ausgang kam. Im Gegensatz dazu ist das heutige Hängegerüst ein technisches Meisterwerk, auch für die Sicherheit für die Handwerker und Bauforscher, die oftmals mühsam, aber immer mit Leidenschaft, ihre Arbeit darauf nachgehen.
Francis Klakocer
Übersetzung: Sabine Bengel
Abb.: © DRAC Grand Est