Der Straßburger Münsterverein und die Fondation de l’Œuvre Notre-Dame waren am Mittwochabend, dem 11. Dezember, begeistert: Adlige und Paläste faszinieren immer noch, wie das zahlreich erschienene Publikum beim Vortrag des Konservators des Straßburger Kunstgewerbemuseums (Musée des Arts Décoratifs), Louis-Napoléon Panel, über den Palast zeigte. In einer mit Daten, Namen und Zahlen untermauerten Schilderung, die durch gut ausgewählte Fotografien illustriert wurde, zeichnete der Referent die Geschichte des Baus dieses Palastes nach. Über den Vorgänger des Bischofspalastes ist zwar wenig bekannt, doch der Morand-Plan aus dem Jahr 1548 und der Reliefplan des Historischen Museums geben interessante Einblicke: es handelte sich um eine Reihe von Gebäuden, die mehr oder weniger wie ein Gehöft mit Speichern und einem Taubenschlag angeordnet waren.
Armand Gaston de Rohan Soubise, der 1704 vom französischen König zum Fürstbischof von Straßburg ernannt wurde, wohnte zunächst – bis 1727 – in diesem sehr baufälligen Palast, dem Bischofshof. Um eine geräumigere Residenz zu bauen, enteignete er die umliegenden Gebäude und kauft sie auf, während er gleichzeitig eine neue Steuer erhebte. Mit der Hilfe seines Architekten Robert de Cotte verwirklichte er dann ein Bauprojekt in rein französischer Manier, das den architektonischen Kanon in Straßburg erneuerte.
De facto musste der neue Palast drei Zwecken gerecht werden. Der Fürstbischof wollte ihn zu einem Schaufenster des französischen Geschmacks und der französischen Lebensart machen, mit einem Vorbau zur Straße hin, einem zentralen Hof und zwei weiteren seitlichen Höfen, einem Herrenhaus und Gärten. Die Dächer wurden mit Schiefer anstelle von elsässischen Dachziegel, gedeckt. Der Erfolg blieb nicht aus, denn es handelt sich um das einzige Beispiel in Frankreich, bei dem der König bei seinen Besuchen in der Provinz nicht im Palast des Gouverneurs, sondern beim Fürstbischof logierte. Dort fand er im Übrigen seine Gewohnheiten in der axialen Aneinanderreihung von Raumfluchten, in denen Vorzimmer, Schlafzimmer und Kabinett aufeinander folgen wieder, ähnlich wie in Versailles. Des Weiteren bezeugte der Palast die Grundsätze der Gegenreformation, gleichsam einem steinernen Katechismus. Zwei Statuen, den Glauben und die Barmherzigkeit darstellend, überragen das Eingangsportal, flankiert von zwei Putten, die in einer Stadt mit starker protestantischer Kultur einen hohen Symbolwert haben: Sie versinnbildlichten ehemals die Eucharistie (die Kommunion) und die Barmherzigkeit (die Lossprechung von Sünden), die von den Lutheranern nicht als Sakramente angesehen werden.
Das 1742 fertiggestellte Gebäude erlebte während der Revolution ein turbulentes Schicksal und diente als Rathaus, dann als Kaiserpalast, bevor es den Straßburger Museen zugesprochen wurde. Heute gibt es noch immer Ungeklärtes: So die Frage, woraus die Fundamente bestehen? Aber auch die Frage nach der Lebenswelt der rund achtzig Bediensteten im Dachgeschoss, die bislang kaum untersucht wurde. All dies sind Themen, die interessierten Studenten offen stehen…
Francis Klakocer
Übersetzung: Sabine Bengel
Abb.: Zeichnung für die Fassade des Bischofspalasts, Fotorechte: Eurométropole de Strasbourg, Kupferstichkabinett